Aktionstag 24.04.
Wenn man schlecht oder gar nicht sehen kann, ist das Leben nicht immer einfach. Aber es gibt viele Möglichkeiten durch Tricks und durch Training im Alltag besser zurecht zu kommen. Viele Menschen mit Sehbehinderung sind stolz darauf selbstständig zu sein. Aber trotzdem wird auch manchmal Hilfe benötigt. Aber wie hilft man richtig? Die folgenden beiden Broschüren geben einen kleinen Einblick.
Vorwort von Herman van Dyck
Sie haben in Ihrer Familie oder in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis einen blinden oder schwer sehbehinderten
Menschen? Sie sind bisher noch keiner blinden oder schwer sehbehinderten Person begegnet? Oder Sie wollten schon einmal gerne helfen, waren aber unsicher, weil Sie nicht recht wissen,
wie?
Es gibt zahlreiche Situationen, in denen blinde und sehbehinderte Menschen vielleicht Ihre Hilfe benötigen – auf der Straße, in Bus oder Bahn, im
Supermarkt, bei einer Veranstaltung oder in einem Restaurant.
Dieser kleine Ratgeber erklärt, wie Sie in üblichen Alltagssituationen blinden und hochgradig sehbehinderten Personen richtig und angemessen helfen
können.
Eine freundliche und hilfsbereite Unterstützung im richtigen Augenblick kann für beide Seiten eine bereichernde Erfahrung sein.
Die goldene Regel
Alles über blinde Menschen und ihr Streben nach Unabhängigkeit Gesagte oder Geschriebene führt manchmal dazu, dass aus Respekt vor dieser
Unabhängigkeit bei Hilfeangeboten gezögert wird. Selbst dann, wenn sich blinde Mitmenschen in Schwierigkeiten befinden.
Einige Menschen würden gern helfen, wissen aber nicht genau, wie. Andere vergessen im Eifer ihrer Hilfsbereitschaft zu fragen, ob ihre Hilfe
benötigt und gewünscht ist.
Für blinde Menschen wird es immer wie- der Situationen geben, in denen sie Hilfe und Unterstützung benötigen und sie dankbar annehmen. Sie erklären
dann auch gern kurz, wie ihnen am besten geholfen werden kann.
Eine goldene Regel sollte immer sein: Fragen Sie einen blinden Menschen, ob Sie ihm helfen können, bevor Sie etwas für ihn tun – aus Respekt vor ihm
und seiner persönlichen Freiheit.
Seien Sie auch bitte nicht enttäuscht, wenn Ihr freundliches Angebot einmal abgelehnt wird. Es gibt blinde Menschen, die ihre Unabhängigkeit mehr schätzen als die Hilfe, die ihnen Erleichterung bringen könnte. Meistens wird Ihre Hilfsbereitschaft mit Freude und Dank angenommen.
Dieser Ratgeber gibt einen kurzgefassten Überblick über den richtigen Umgang mit blinden und hochgradig sehbehinderten Menschen.
Für weitere Informationen oder spezielle Adressen können Sie sich gern an die Blinden- und Sehbehindertenvereine des DBSV wenden: unter der bundesweiten Rufnummer 01805 – 666 456 oder im Internet unter www.dbsv.org.
Gedanken zum Umgang mit blinden und sehbehinderten Menschen von Harald Simon. Die Broschüre (28 Seiten) steht weiter unten als PDF zum download zur Verfügung.
Hier ist ein Auszug aus der Broschüre zum Thema „Gespräche“.
Gespräche im geselligen Beisammensein
Das Fehlen der Möglichkeit, andere zu beobachten, hat weitere Nachteile, die für den Blinden bedrückend sein können. Hierher gehört in erster Linie der
„Dialog mit dem leeren Stuhl“. Beispiel: Der Blinde erzählt seiner Tischnachbarin eine hochinteressante Geschichte oder einen wirklich guten Witz und wundert sich, dass keinerlei
Reaktion erfolgt, bis plötzlich jemand, der das beobachtet hat, über den Tisch ruft: „Die Dame ist nicht mehr da!“ oder der Gesprächspartner am Tisch gegenüber antwortet nicht mehr, weil er nach
seinen letzten Worten seinen Platz verlassen hat. Es gibt wohl kaum einen Blinden, der diese deprimierende Erfahrung noch nicht gemacht hat. Darum ist er nie sicher, ob die Stille ihm gegenüber
oder neben ihm Schweigen oder Abwesenheit bedeutet. Diese Unsicherheit führt nicht selten dazu, dass der Blinde in Schweigen verfällt, weil er nicht riskieren will, mit einem „leeren Stuhl“ zu
reden.
Manche Blinde fassen sich ein Herz und fragen: „Sind Sie noch da?“ oder tasten und fühlen vorsichtig, ob der Stuhl der Dame neben ihm frei ist, was als
Annäherungsversuch missdeutet werden kann, wenn die Dame dort noch sitzt. Es ist unbestritten, dass Sie, liebe Leserin und lieber Leser, viele der aufgeführten Nachteile des Blinden beim besten
Willen nicht vermeiden oder ausgleichen können. Mit solchen Nachteilen Muss ein Blinder leben und fertig werden. Aber einen wirklich großen Gefallen können Sie ihm erweisen: Wenn Sie mit einem
Blinden sprechen, und Sie müssen aus irgendeinem Grund Ihre innegehabte Position verlassen, die der Blinde im Gespräch akustisch geortet hatte, so teilen Sie es ihm bitte mit! Sagen Sie ihm ganz
einfach: „Ich bin mal eben weg!“ oder eine ähnlich deutliche Information.
Die Unfähigkeit, den Partner zu sehen, führt manchmal auch dazu, dass der Blinde, ohne es zu wissen und zu wollen, unhöflich ist. Beispiel: Der Gesprächspartner hat
sich soeben einen Bissen in den Mund gesteckt und zu kauen begonnen, als der Blinde fragt, wie es seiner Katze gehe. Der andere fühlt sich gestört und getrieben, den Bissen möglichst rasch zu
schlucken, um antworten zu können.